Gaswarngeräte-Hersteller täuschen Kunden

Der Titel klingt vielleicht für den einen oder anderen „überzogen“ ist es aber nicht. Was im Bereich der Tiefgaragen in Sachen stationäre Gaswarnanlagen vorgeht, ist mit dem Wort „Täuschung“ noch sehr harmlos formuliert.

Tiefgaragen durchgeregelt

Der Bereich der Tiefgaragen-Gaswarnanlagen ist einer der durchgeregeltsten Bereiche in der Gaswarnbranche. Dazu trägt bereits seit 1969 die Richtlinie VDI 2053 „Raumlufttechnik Garagen Entlüftung (VDI-Lüftungsregeln)“ bei. Diese verweist seit der Ausgabe 2014 auf den Einsatz von Produkten, welche die DIN EN 50545-1 erfüllen müssen.
Zitat aus VDI 2053 Blatt 1 (ursprünglich aus 1969, dann 1995, aktuell 2014):

6.2 Mindestanforderungen an das Messsystem
6.2.1 CO-Messgerät
Das CO-Messgerät muss mindestens die nachfolgend genannten Anforderungen erfüllen.
Für die Beurteilung von CO-Messgeräten sowie der angeschlossenen Sensoren ist DIN EN 50545-1 zu beachten.

Die DIN EN 50545 „Elektrische Geräte für die Detektion und Messung von toxischen Gasen in Tiefgaragen und Tunneln“ hat ihren Beginn allerdings bereits seit 2011 mit der aktuellen Fassung von 2017.
Den Anwendungsbereich beschreibt die Norm wie folgt, Zitat:

Diese Europäische Norm ist anwendbar für Geräte zur Detektion und/oder Messung von Kohlenmonoxid (CO), Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2), die ein Lüftungssystem steuern und /oder mittels Anzeige, Alarme oder einer anderen Form von Signal vor der Gefahr warnen…

Weiterführendes Zitat:

Diese europäische Norm gilt ebenfalls, wenn ein Gerätehersteller irgendwelche Angaben zu speziellen Eigenschaften der Bauart oder zu besserem Betriebsverhalten macht, welche die Mindestanforderungen übersteigen….

E-Mail Aussage eines Herstellers

Dazu passt nun die offizielle schriftliche Aussage eines Gaswarngeräte-Herstellers, welcher Gaswarnanlagen für den Einsatz in Tiefgaragen bewirbt, jedoch keine baumustergeprüften Geräte nach DIN EN 50545 besitzt.

Zitat, aus einer E-Mail vom 08.10.2023 des Geschäftsführers:

… eine Baumusterprüfung nach dieser Norm ist leider nicht erfolgt und macht aufgrund der inzwischen weit strengeren Grenzwerte keinen Sinn. Unsere rein digitalen BUS-Anlagen erfüllen die Anforderungen an Bauweise, Prüfung und Betriebsverhalten weit darüber hinaus …

Klarer lässt es sich kaum aufzeigen wie seriös die Gaswarngeräte-Hersteller am deutschen Markt tätig sind. Und das Erschreckende ist, dass es kein Einzelfall ist. Uns sind fünf deutsche Hersteller bekannt, welche Gaswarngeräte für den Einsatz in Tiefgaragen in Deutschland bewerben und verkaufen, welche nicht über eine Baumusterprüfung nach DIN EN 50545 verfügen. Dazu kommen dann noch diverse ausländische Hersteller.

Weiteres Beispiel

Ein anderer Hersteller schreibt einfach in die Bedienungsanleitung, dass Sie diese Norm erfüllen würden, was dem Betreiber bei der Haftung nicht wirklich viel bringt.

Zitat aus der Bedienungsanleitung:

… Der Gas-Controller XXxx erfüllt die Anforderungen gemäß der europäischen Norm EN 50545-1 für die stationäre Überwachung von Kohlenmonoxid (CO), Stickstoffdioxid (NO2) und explosiblen Gasen in Tiefgaragen, Tunnel, Kartbahnen etc….

Aller guten Dinge sind drei

Oder wiederum ein weiterer Hersteller, welche seine Gaswarnanlage für den Einsatz in Tiefgaragen bewirbt, gibt nirgendwo an, dass diese die DIN EN 50545 einhält bzw. umsetzt noch listet man diese Norm in seinen Unterlagen oder EG-Konformitätserklärungen auf.

Zitat, Werbung Lieferprogramm:

XXX xxxx NSV — Vorbereitet für den Einsatz in Verbindung mit einer NSV.
…Nicht nur für Parkhäuser und Tiefgaragen laut VDI 2053…
…Die XXX xxxx NSV Variante wird besonders für Parkhäuser und Tiefgaragen verwendet…

Der Vierte im Bunde

Ein weiterer Hersteller verwechselt ein Prüfinstitut mit einem Ingenieurbüro und äußerte sich wie folgt:

Die Anlagen sind von einem unabhängigen Ingenieurbüro, XYZ aus einem schönen Ort, in Anlehnung an das Regelbuch der EN-50545 geprüft und getestet. Uns ist klar, dass das der sogenannten TÜV Prüfung nicht gleich kommt. Aufgrund des Kostendrucks in diesem Segment auch nicht nötig, da die Anlagen alle 2 Jahre sowieso vor Ort vom TÜV geprüft werden.

Eine interessant Erläuterung, dass Normen und Baumusterprüfungen nicht so wichtig sind, auch wenn wir dieser nicht ganz folgen bzw. zustimmen können (ohne diese Aussage weiter zu kommentieren).

Der Betreiber ist schuld

Was aber nun das Erschreckende an dieser Thematik ist, dass am Ende der Betreiber die „Schuld“ bekommen wird, also in der Haftung steht. Solange der Gaswarngeräte Hersteller nicht behauptet er hätte diese Baumusterprüfung, obwohl er diese nicht hat (wie manch ausländischer Hersteller), so lange obliegt es dem Betreiber zu prüfen, dass die vorgesehenen Produkte alle notwendigen Anforderungen erfüllen. Tun sie dies nicht, so liegt das „Verschulden“ beim Betreiber.

Unseriöse Hersteller

Unabhängig davon ist es aber absolut unseriös als Hersteller so zu agieren. Egal wer die Haftung hat.
Wie kann man als Hersteller Produkte in eine Branche verkaufen, welche durchgeregelt ist und Zulassungen erforderlich macht, wenn man diese dann nicht besitzt. Das Wort „dreist“ wäre hier wahrscheinlich die harmloseste Formulierung.

Unwissende Betreiber

Der Kunde und Betreiber ist oft unwissend, was er benötigt und was es für Zulassungen gibt. Klar schützt Unwissenheit nicht vor einer Strafe, aber wenn man sich an einen Hersteller wendet, welcher Produkte für eine spezielle Branche bewirbt und verkauft, dann geht man davon aus, dass dieser Hersteller auch die notwendigen Zulassungen besitzt. Ist dem nicht so, dann sehen wir persönlich dies als eine Art „Täuschung“ an, um unzureichende Produkte zu verkaufen.

Worauf sollten Sie also achten?

Lassen Sie sich vom ausgewählten Hersteller die Baumusterprüfung nach DIN EN 50545 vorlegen. Prüfen Sie, dass das dort aufgeführte Produkt auch dem Lieferprodukt entspricht. Dann sind Sie absolut sicher.

Wie können Sie dies im Vorfeld erkennen?

Dies ist nicht ganz so einfach. Gute und seriöse Hersteller haben eine vollständige Bedienungsanleitung, welche nach DIN EN 82079 erstellt ist. Leider ignorieren zahlreiche Hersteller diese Normen genauso wie die DIN EN 45544, welche ebenfalls diverse Vorgaben an eine Bedienungsanleitung vorgibt. Bestandteil einer solchen Bedienungsanleitung sollte dann auch eine EG-Konformitätserklärung sein. Darin sollten alle Normen aufgeführt sein, welche das Produkt erfüllt. In der Auflistung sollte dann auch die EN 50545 erscheinen. Ist diese nicht aufgeführt, dann wissen Sie an dieser Stelle schon das Produkt nicht für den Einsatz in einer Tiefgarage, geeignet ist.

Das Minimum

Das Minimum, welches Sie als Betreiber akzeptieren sollten, ist das Beispiel von MSR. Der Hersteller MSR hatte bis 2021 eine Baumusterprüfung nach EN 50545 für seine Produkte gehabt. Diese wurde aus Kostengründen nicht verlängert (Sinnhaftigkeit?) und das Produkt nicht verändert. Somit reicht die EG-Konformitätserklärung aus und stellt das untere Limit an Akzeptanz dar.

So sollte es sein

Ein Beispiel dafür wie es sein sollte findet man bei der Firma Oppermann Regelgeräte, welche ihre Produkte entsprechend der Baumusterprüfung nach EN 50545 unterzogen haben und dies bis 2026 als schriftliche Bestätigung vom TüV vorliegt. Dafür wurde Geld und Zeit invistiert, um den aktuellen Normen und Vorgaben komplett zu entsprechen. Das Ganze ohne diverse und teilweise fragwürdige Ausreden.

Was machen eigentlich die Prüfsachverständigen?

Wenn man diese Umsetzungen der Gaswarngeräte-Hersteller liest, dann stellt sich sicherlich der Eine oder Andere die Frage wie dies sein kann, wenn Gaswarnanlagen in Tiefgaragen von Prüfsachverständigen „abgenommen“ werden.
In der Tat können wir aus weit über einhundert teilgenommenen Abnahmen (nicht als Prüfsachverständigen) berichten, dass an der Ausbildung der Prüfsachverständigen dringend einiges optimiert werden sollte. Zumindest was das Thema Gaswarnanlagen betrifft. Es ist unakzeptabel, dass einem Prüfsachverständigen nicht auffällt, dass die eingesetzten Produkte gar nicht die notwendigen Zulassungen besitzen. Es hilft nicht die Länder-Garagenverordnung zu kennen, wenn es an den zuständigen Normen scheitert. Und dies ist nicht das einzigste Manko in Sachen Prüfsachverständigen und Abnahmen in Tiefgaragen.

Da geht noch was

Aber es wird noch besser. Es existiert seit sehr vielen Jahren der Verweis von der DIN EN 50545 zur DIN EN 45544 „Elektrische Geräte für die direkte Detektion und direkte Konzentrationsmessung toxischer Gase und Dämpfe“ (4 Teile, aktuell von 2015 bis 2017). Dies bedeutet, dass diese Normenreihe entsprechend beim Einsatz von Gaswarngeräten in Tiefgaragen zu beachten und einzuhalten ist.

In allen 4 Teilen der DIN EN 45544 erfolgt die identische Anforderung:

Welcher Hersteller von Tiefgaragen-Gaswarnanlagen bestätigt dies?

Gemäß aktueller Normen wäre es erforderlich, dies durch ein Prüfinstitut prüfen und von einem Prüfinstitut bestätigen zu lassen und dann auch auf dem Typenschild abzubilden.

Wo findet man dies?

Aktueller Auszug aus der T021 Stand 2016:

Nicht einmal in der EG-Konformitätserklärung ist diese Norm bei den meisten Herstellern angegeben.

Bewußte Haftungsverschiebung

Hier stellt sich nun die Frage, ob man das Thema der Haftung für solche Vorgänge nicht dringend in Richtung Hersteller verschieben sollte.
Es kann eigentlich nicht sein, dass die Gaswarngeräte-Hersteller immer öfter schon lange existierenden Normen ignorieren, um Kosten zu sparen, und am Ende ist der Betreiber schuld bzw. in der Haftung.

Wettbewerbsverzerrung

Zusätzlich stellt dies auch einen ganz erheblichen Wettbewerbsnachteil dar für Gaswarngeräte-Hersteller welche alle Zulassungen besitzen und seriös am Markt tätig sind. Deren Produkte sind dann zwangsläufig teurer. Hier findet dann ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen statt zum Nachteil der Hersteller, welche sich an die entsprechende Normgebung halten.

Weiterer Beitrag

Aber zu dem Thema der DIN EN 45544 folgt zu einem späteren Zeitpunkt noch ein ausführlicher Beitrag, da die hier abgebildete Vorgehensweise nicht nur im Bereich die Tiefgaragen anzutreffen sind.

Wie sieht die Empfehlung aus?

So lange der Betreiber bei der Auswahl der Produkte die Haftung besitzt, solange macht es Sinn den Einsatz von Gaswarngeräten (auch für durchgeregelte Bereiche) von einem Sachkundigen genaustens prüfen zu lassen, um das Haftungsrisiko zu reduzieren.
Dies kostet zwar Geld, ist aber sicherlich günstiger, wie im schlimmsten Fall für etwas „gerade zu stehen“, was eigentlich zur Seriösität eines Herstellers gehört. Wie Sie sehen, können Sie sich auf viele Hersteller in Sachen Seriösität nicht verlassen.

Weitere Beiträge finden Sie hier.

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